Schizophrenie

Schizophrenie: Die Erkrankung mit den meisten Vorurteilen.

Eins vorweg mit gespaltener Persönlichkeit hat die Erkrankung rein gar nichts zu tun, also kein Dr. Jekill und Mr. Hyde. Dieses Vorurteil ist vor 50 Jahren entstanden, als auch Psychiater dieses Symptom – die multiple Persönlichkeit –  der Schizophrenie zugeordnet hat. Dieser Irrtum hat den an einer Schizophrenie erkrankten sehr geschadet, die Idee aufgebracht, dass diese gefährlich wären, was nur selten stimmt. Wenn schizophrene Patienten gefährlich sind, dann wegen Alkohol und Drogenmissbrauch oder wegen imperativer Stimmen, zu diesen jedoch später.
Also was ist die Schizophrenie wirklich?

Die Schizophrenie ist eine chronische Erkrankung, das bedeutet, dass die meisten Patienten lebenslang ein Medikament nehmen müssen, oder alle 2 Wochen eine Spritze von ihrem Hausarzt bekommen. Wenn die Patienten ihre Medikamente regelmäßig nehmen, das bedeutet aber, dass sie es nie auch nur für wenige Tage vergessen dürfen, ist das Risiko eines Ausbrechens der akuten Erkrankung sehr klein.
Was passiert wenn die Schizophrenie akut wird? Diesen Zustand beschreibt man als akute Psychose, hierbei treten die typischen Symptome der unbehandelten Schizophrenie auf. Diese Symptome sind das Hören von Stimmen, veränderte eigene Gedanken, das Auftreten von unbegründeten Ängsten bis zum Verfolgungswahn, überhaupt das Auftreten von Wahnideen, also unbegründete und nicht korrigierbare oft unsinnige Ideen und viele andere Symptome. Diese Erkrankung zählt sicher zu den am meisten belastenden Krankheiten überhaupt, das Problem ist, dass die Krankheit chronisch ist, wenn sie einmal ausgebrochen ist, kann sie jederzeit wieder kommen.
Die gute Nachricht ist:

Es gibt gute Medikamente mit wenigen Nebenwirkungen, welche das erneute Auftreten dieser Erkrankung recht zuverlässig verhindern können, wenn man die Medikamente regelmäßig einnimmt.

Vor 100 Jahren gab es überhaupt keine Therapie gegen die Schizophrenie, Erkrankte wurden einfach weggesperrt, in großen Krankenhäusern am Rande einer Stadt. Vor 50 Jahren kamen die ersten Neuroleptika, welche erstmals eine erfolgreiche Behandlung ermöglichten. Diese Medikamente waren sehr wirkungsvoll, aber sie hatten massive Nebenwirkungen, welche bewirkten, dass die behandelten Patienten sehr an Roboter erinnerten, Menschen ohne Emotionen mit steifen Bewegungen.

Erst seit 20 Jahren sind Medikamente im Handel welche einerseits gut wirkten und nur wenig Nebenwirkungen haben. Der einzige wirkliche Nachteil dieser Medikamente ist, dass sie teuer sind. In Österreich ist es jedem behandelnden Arzt möglich auch diese Medikamente zu geben, in Deutschland (welch armes Land) ist dies nicht mehr uneingeschränkt möglich, da dürfen Ärzte nur bis zu einer gewissen Summe Medikamente verschreiben, zumindest haben mir das letztens Kollegen aus Deutschland erzählt. Einem chronisch kranken Patienten die lebenswichtige Medikation vorzuenthalten wäre oder ist jedoch eine Schande für einen Staat. Vielleicht fragen Sie jetzt warum lebenswichtig, sterben Patienten an einer Schizophrenie, prinzipiell nein, aber das Risiko sich umzubringen, ist bei einem an Schizophrenie erkrankten sehr hoch. Wir können aber auch erkennen, dass dieses Risiko in dem Maße sinkt in dem moderne und nebenwirkungsarme Medikamente auf den Mark kommen. Wenn wir diese jetzt aber wegen Sparmaßnahmen nicht geben, steigt auch wieder das Risiko eines Selbstmordes. Zudem ist das Vorenthalten von optimalen Medikamenten eine völlig ungeeignete Maßnahme, da ein optimal eingestellter Patient nicht wieder ins Krankenhaus muss, und stattdessen ganz normal arbeiten kann. Dadurch wird weit mehr Geld eingespart, als auch die teuerste Medikation kosten kann. Das Problem bei dieser Rechnung ist nur, dass das eingesparte Geld in einen anderen Topf kommt, und deshalb die Krankenkassen die Last der teueren Medikamente leisten muss,  aber von dem Geld das sie den Krankenhäusern erspart nichts sieht. Auch die Arbeitsfähigkeit des Patienten führt nicht dazu dass ihre finanzielle Situation gebessert wird. Aber so einseitig sind halt nun mal moderne staatliche Finanzsysteme.
Nach diesem kurzen gesundheitspolitischem Exkurs wieder zurück zur Krankheit.

Also moderne und nebenwirkungsarme Medikamente haben das Leben der an einer Schizophrenie erkrankten wieder sehr viel besser gemacht, der Horror an einer akuten Psychose erkrankt zu sein ist nur schwer vorstellbar, im Gegensatz dazu ein Medikament mit wenig oder auch ganz ohne Nebenwirkungen zu nehmen, und ganz normal zu leben ist der krasse Gegensatz.

Die Medikamente der letzten 20 Jahre sind allesamt gut und ein erheblicher Gewinn. Jedes Medikament hat seine Schwächen und Stärken, das eine Medikament führt bei vielen (aber nicht allen) zu einer Gewichtszunahme, das nächste kann in einer höheren Dosierung zu einer Muskelsteifigkeit oder Zittern führen, und das nächste macht müde und wirkt nicht allzu zuverlässig, auch eine Lustlosigkeit kann durch das eine oder andere Medikament bewirkt werden, im Vergleich zu den alten Medikamenten ist diese jedoch kaum noch ausgeprägt. Wenn man die Medikamente jedoch gut auswählt findet man fast immer ein Medikament welches der Patient gut verträgt.

Die neuesten Fortschritte haben vor allem Medikamente gebracht welche nur mehr einmal am Tag genommen werden müssen, oder überhaupt nur mehr als Spritzte alle 2 Wochen gegeben werden können.

Warum ist eine Spritze alle 2 Wochen ein so großer Vorteil?

Ein Depot, also die Gabe des Medikamentes alle 2 Wochen hat mehrere Vorteile:

Einerseits kann die Einnahme nicht vergessen werden, und das Auslassen der Einnahme eines Neuroleptikus, dem Medikament gegen eine Schizophrenie ist das größte Risiko eines Rückfalls. Andererseits ist der Blutspiegel bei einem Depot glatt. Im Körper ist immer die gleiche Menge Wirkstoff enthalten. Wenn ich ein Medikament 2x täglich einnehmen muss ist kurz nach der Einnahme der Spiegel am höchsten, und macht hierbei die Nebenwirkungen. Kurz vor der Einnahme der nächsten Tablette ist der Spiegel niedrig und muss aber immer noch so hoch sein um vor der Erkrankung zu schützten, die Gesamtdosis ist also deutlich höher als bei einem Depot. Eine weitere Neuerung sind spezielle Kapseln, welche den Wirkstoff langsam über 24 Std entleeren, auch bei dieser Form kann ein glatter Wirkstoffspiegel erreicht werden. Diese Kapseln werden wohl zumindest einen Teil der Vorteile des Depots erfüllen, wenn ein Patient auf keinen Fall eine Injektion alle 2 Wochen haben will. Der einzige Nachteil dieses Medikamentes ist, dass es noch nicht im Handel ist, jedoch können einige Psychiater dieses Medikament welches in einigen Ländern (aber halt noch nicht in Österreich) schon im Handel ist geben. Überhaupt haben wir in Österreich das Privileg fast alle Medikamente den Patienten geben zu können, welche diese benötigen, aber nachdem die Krankenkassen trotzdem sparsam mit den finanziellen Mitteln umgehen müssen, verhandeln sie oft jahrelang mit den Firmen, damit diese die Medikamente entsprechend günstig anbieten. Und in dieser Zeit sind die Medikamente dann nicht über Kassenrezept zu beziehen. Also ganz so rosig ist es natürlich auch in Österreich nicht. Und es wäre noch viel problematischer, wenn nicht die Bevölkerung zusammen mit den Ärzten immer gegen übertriebene Sparvorhaben der Regierung Stellung beziehen würden. Nachdem die Regierung aber von der Bevölkerung gewählt werden will, ist (zumindest bisher) noch Geld für eine recht gute medizinische Versorgung da.

(Schon wieder ein politischer Exkurs – Entschuldigung – zurück zum Thema)

Also die zuletzt gefundenen Neuerungen bei den Medikamenten betreffen vor allem eine Depotspritze die nur alle 2 Wochen gegeben werden muss (ein Depot alle 4 Wochen ist in Vorbereitung), und eine Kapsel die den ganzen Tag das Medikament freigibt, und damit auch Wirkstoff – und damit Nebenwirkungen einspart.

Aber es gibt nicht nur Medikamente gegen die Schizophrenie, auch wenn diese mit Abstand das wichtigste Mittel gegen diese Erkrankung sind, es gibt auch Psychotherapie und Schulungen.

Besonders wichtig sind Schulungen der Erkrankten und deren Familien. Wenn Betroffene und deren Angehörige lernen mit der Schizophrenie umzugehen, senken sie damit ganz enorm das Risiko eines erneuten Auftretens. Die Familien lernen dabei massive Emotionsausbrüche zu vermeiden, und dem Erkrankten eine sichere Zufluchtstelle zu bieten, in welcher er/sie sich sicher und geborgen fühlt, was das Ausbrechen einer erneuten Psychose verhindert. Diese Schulungen sollten von Betroffenen gehalten werden, diese wissen am besten wie man sich fühlt wenn man die Medikamente für ein zwei Wochen nicht mehr nimmt, und die Gefahr eines erneuten Aufflammens der Schizophrenie unterschätzt. Wie lange es dann braucht wieder völlig Beschwerdefrei zu werden.